Description
Der Polster (Martha Kurzweil, die Frau des Künstlers auf dem Diwan sitzend). Farbholzschnitt auf Chinabütten. 28,6 x 25,9 cm (Einfassung); 38,5 x 30,6cm (Blattgröße). Novotny/Adolph 428. Um 1903. Erschienen in der "Jahresmappe der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst, Wien", 1903, hier auf dem originalen Untersatzkarton. Ausgezeichneter Druck mit schmalem bzw. unten mit breitem Rand, links mit dem Schöpfrand. Minimal angestaubt, entlang des Oberrandes montiert, sonst tadellos. Sondertext für Vorseite: Maximilian Kurzweil und Felix Landau „He was ahead of his time“, fasst ein Kunsthändler aus Los Angeles die Tätigkeit des Pionier-Galeristen Felix Henry Landau aus Anlass seines Todes 2003 zusammen. Der 1924 in Wien geborene Landau war 1938 nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland in die USA geflohen. Hier heiratete er die Kunsthistorikerin Mitzi Ruth Ander, zog nach Los Angeles und eröffnete mit seiner Frau 1951 die Felix Landau Gallery. Die Galerie auf dem La Cienega Boulevard besaß regelrechten Kultstatus. Dank seines untrüglichen Gespürs war Landaus Galerie legendärer Erfolg beschieden. Als erster stellte er Francis Bacon in Los Angeles aus, zu seinem ambitionierten Programm gehörten zudem niemand geringeres als Richard Diebenkorn, Sam Francis, James Gill, Gaston Lachaise und Henry Moore. In der später eröffneten New Yorker Dependance ermöglichte er einem jungen David Hockney seine erste Ausstellung in den USA. Ungeachtet seines Faibles für das amerikanische Midcentury bewahrte sich Felix Landau jedoch eine Schwäche für die Wiener Kunst der Jahrhundertwende. Gustav Klimt und Egon Schiele hatten in dem Galeristen ihren größten Verfechter an der Westküste. Und so kam es auch, dass Landau 1969 in seinen vielbesuchten Räumen den Wiener Secessionisten Maximilian Kurzweil mit einer Ausstellung würdigte und dem amerikanischen Publikum bekannt machte. Gute 50 Jahre später können wir nun eine Gruppe von Werken Maximilian Kurzweils anbieten, die aus dem Bestand der Landau Gallery stammen und auf der Ausstellung 1969 gezeigt wurden (Lose 6212-6223). Sie bieten einen gleichsam konzentrierten wie facettenreichen Einblick in das Schaffen dieses außerordentlichen Künstlers der Jahrhundertwende. Zwischen Tatendrang und Müßiggang Kaum eine Persönlichkeit verkörpert den Geist der Wiener Moderne um 1900 so wie Maximilian Kurzweil. Als „im besten Sinne aristokratische Natur“ beschrieb Carl Moll seinen Freund in einem Nachruf. Aristokratisch war zwar nicht die Abstammung - Kurzweil war Spross einer vermögenden Familie, die nach dem Verkauf ihrer Zuckerfabrik im mährischen Bzenec nach Wien übersiedelt war - doch sicherlich die Haltung: Auf den wenigen Fotos, die von ihm erhalten sind, erscheint der Künstler stets elegant gekleidet im adretten Anzug mit Krawatte. Hinter diesem gesellschaftlich tadellosen Auftritt verbarg sich jedoch ein weiteres Gesicht, eine zweite Persönlichkeit, mit der Kurzweil zeit seines Lebens haderte. Ausdruck gibt er ihr in der kurzen Erzählung „Der Erfolg“ - eine seiner wenigen erhaltenen Schriften -, die 1898 in „Ver Sacrum“ erschien. Darin beschreibt Kurzweil einen fiktiven Maler, sein Alter Ego, der den Vormittag lieber träge im Bett verbringt, als zu malen. An diesem als „argen Zwiespalt“ empfundenen Zustand zwischen produktivem Studium und müßiggängerischem Lebenskünstlertum rieb sich, wie Weggefährten des Künstlers bestätigen, auch Kuzweil auf. Künstlerisch begann seine Laufbahn an der Wiener Akademie, seine Studien vervollständigte er an der Académie Julien in Paris. Die französische Kunst des ausgehenden 19. Jahrhunderts sollte ihn nachhaltig beeinflussen. Während seine frühen Genreszenen noch ganz in der Tradition des Naturalismus französischer Prägung standen, reift seine Arbeit mit fortschreitender Zeit zu einer ganz vom Impressionismus durchdrungen Landschaftsmalerei. Licht und Farbe erlangen als zunehmend symbolische Ausdrucksmittel gleichberechtigten Eigenwert neben dem Gegenständlichen. Die spätere Auseinandersetzung mit dem noch jungen Expressionismus klingt in seinem kühnen Umgang mit Farben bereits an. In den Ausstellungen des Künstlerhauses feierte er mit seinen Ansichten aus der Bretagne, Italien und Dalmatien bereits jung Erfolge. Einen Namen macht er sich außerdem als Porträtist der Wiener Gesellschaft des Fin de Siècle. Mit der Gründung der Secession 1897, deren konstituierendes Mitglied er war, rückten zunehmend auch symbolistische und esoterische Motive in sein Themenspektrum. Wohl von Emil Orlik erlernt Kurzweil die Kunst des japanischen Farbholzschnitts - „Der Polster“, der seine Frau Martha auf einen Diwan hingesunken zeigt, zählt ohne Zweifel zu den Ikonen des Wiener Jugendstils. Anders als sein künstlerisches Schaffen, war Kurzweils Privatleben jedoch alles andere als vom Erfolg gekrönt. Auf der einen Seite gesellschaftlich gut situierter Dragoneroffizier, auf der anderen Lebemann und erfolgreicher Künstler: Sein Leben könnte der Feder von Arthur Schnitzler entsprungen sein. Seine Sommer verbrachte Kurzweil ab 1893 in der bretonischen Hafenstadt Concarneau. Hier heiratete er 1895 Marie-Josephine Marthe Guyot, die Tochter des Vizebürgermeisters. Doch die aufsehenerregend schöne Französin war unglücklich in Wien, versank immer weiter in Apathie und Depressionen. Auch Kurzweil war häufig antriebslos und litt unter seiner Niedergeschlagenheit. In späten Jahren begann er eine Affäre mit seiner Schülerin Helene Heger. Der Vater seiner Geliebten verbot jedoch die Liaison. Als Kurzweil, mittlerweile im Weltkrieg als Kriegsmaler eingezogen, einen Diensturlaub antrat, traf er sich ein letztes Mal mit Helene. In seinem Wiener Atelier nehmen sich beide gemeinsam das Leben. Kuzweils Dasein war von Dichotomien zerrissen. Seliges Glück und tiefstes Unglück. Ungezwungenes Künstlerleben und großbürgerliche Konventionen. Kampf zwischen Schaffensdrang und melancholischer Untätigkeit. In seinem Werk löst sich jedoch alles Widersprüchliche auf, mehr noch, auf kongeniale Weise vereint er die vielseitigen Kunstregungen einer ganzen Epoche. - Wir bitten darum, Zustandsberichte zu den Losen zu erfragen, da der Erhaltungszustand nur in Ausnahmefällen im Katalog angegeben ist. - Please ask for condition reports for individual lots, as the condition is usually not mentioned in the catalogue.