Description
STOMER, MATTHIAS
(Amersfoort circa 1600 - after 1650 Sicily)
The Evangelists Mark and Luke with their attributes, the lion and the ox.
Oil on canvas. 113 x 154 cm.
Provenance:
- Trafalgar Galleries, London, 1976.
- European private collection.
Literature:
- Walsh, John: Stomer's Evangelists, in: Burlington Magazine, July 1976, pp. 504-507, fig. 84.
- Nicolson, Benedict: Stomer brought up to date, in: Burlington Magazine, April 1977, p. 238.
- Nicolson, Benedict: The International Caravaggesque Movement, Oxford 1979, p. 95.
- Nicolson, Benedict.: Caravaggism in Europe, 2. edition, 1990, fig 1512.
- Verdi. R.: Matthias Stom, Exh. Cat. Birmingham 1999, pp. 48-50, No 9, ill p. 49.
Exhibited:
- 'In the Light of Caravaggio', Trafalgar Galleries, London 1976, No 13.
- 'Matthew Stomer', Barber Institute, Birmingham, October 1999 - Jan 2000.
STOMER, MATTHIAS
(Amersfoort um 1600 - nach 1650 Sizilien)
Die Evangelisten Markus und Lukas mit ihren Attributen Löwe und Ochse.
Öl auf Leinwand. 113 x 154 cm.
Provenienz:
- Trafalgar Galleries, London, 1976.
- Europäische Privatsammlung.
Literatur:
- Walsh, John: Stomer's Evangelists, in: Burlington Magazine, Juli 1976, S. 504-507, Abb. 84.
- Nicolson, Benedict: Stomer brought up to date, in: Burlington Magazine, April 1977, S. 238.
- Nicolson, Benedict: The International Caravaggesque Movement, Oxford 1979, S. 95.
- Nicolson, Benedict.: Caravaggism in Europe, 2. Ausgabe, 1990, Abb. Nr. 1512.
- Verdi. R.: Matthias Stom, Ausst. Kat. Birmingham 1999, S. 48-50, Nr. 9, Abb. S. 49.
Ausstellungen:
- 'In the Light of Caravaggio', Trafalgar Galleries, London 1976, Nr. 13.
- 'Matthew Stomer', Barber Institute, Birmingham, Oktober 1999 - Januar 2000.
Dieses Gemälde ist der Schlüssel zur spannenden Entdeckung und glücklichen Wiedervereinigung eines Paares, das einst durch das Auf und Ab der Geschichte auseinandergerissen worden war. Im Jahr 1963 erstellten Doktoranten der Columbia University in New York ein Inventar der Kunstsammlung der Universität. Ein stark nachgedunkeltes und teilweise übermaltes Gemälde erregte die Aufmerksamkeit des späteren Direktors des Getty Museums, John Walsh; es konnte jedoch zunächst keinem Künstler zugeordnet werden. Jahre später erwähnte Walsh das New Yorker Werk gegenüber dem britischen Kunsthistoriker Benedict Nicolson. Der erinnerte sich sofort an ein Gemälde, das er zufällig gerade im Londoner Handel gesehen hatte, nämlich unsere ' Evangelisten Markus und Lukas mit ihren Attributen Löwe und Ochse.'
Unser Bild wurde in die USA gebracht, mit dem Werk der Universität abgeglichen und die beiden als höchst qualitätsvolle Gegenstücke mit den vier Evangelisten von Matthias Stomer identifiziert. Eine Restaurierung durch das Metropolitan Museum brachte bei dem Gemälde der Universität die von der Übermalung befreiten Stellen zum Vorschein. Sie zeigen nun die Attribute von Matthäus, einen Adler, und von Johannes, dem ein zarter, in sich gekehrter Engel über die Schulter schaut (siehe Abb. 1).
Die für die Identifizierung der Evangelisten entscheidenden Symbole gehen auf alttestamentarische Quellen zurück, die im Neuen Testament wieder aufgegriffen werden. In der Offenbarung des Johannes heisst es von vier Wesen, die um den Thron Gottes stehen: 'Das erste glich einem Löwen, das zweite einem Jungstier, das dritte hat ein Gesicht wie ein Mensch, das vierte war gleich einem fliegenden Adler.' Seit dem 4. Jahrhundert werden diese Symbole den vier Evangelisten zugeordnet.
Während Matthäus und der jugendliche Johannes im Gemälde der Columbia University angeregt diskutieren, sind Markus und Lukas auf unserem Bild in ruhiger Haltung gezeigt. Markus, mit dem rechten Unterarm locker auf den Löwen aufgestützt, scheint uns Betrachter nachdenklich anzublicken; sein linker Arm umfasst ein grosses Buch, in dem - teilweise durch seine Hand verdeckt - eine lateinische Inschrift erkennbar ist: 'PAX TIBI MARCE EVANGELISTA MEUS' oder übersetzt: 'Friede Dir, Markus, mein Evangelist!'
Dieser Gruss steht im Zusammenhang mit dem Diebstahl der Gebeine des Evangelisten Markus aus Alexandria durch zwei venezianische Kaufleute im Jahre 828. Die Reliquien wurden nach Venedig überführt, wo der bisherige Stadtheilige sofort durch den berühmten Evangelisten ersetzt wurde und eine Legende entstand, wonach der Evangelist in der Lagune von einem Engel mit diesen Worten gegrüsst worden sei - die perfekte Rechtfertigung des Diebstahls und Legitimation der neuen Ruhestätte. Der Gruss 'Pax tibi' findet sich häufig gemeinsam mit dem Evangelisten oder in Venedig auch oft nur mit dem Löwen.
Lukas, der mit dem Stier im Hintergrund auf der rechten Bildseite konzentriert an der Niederschrift des Evangeliums arbeitet, hat sein linkes Bein über das andere geschlagen, seine nackten Füsse sind klar erkennbar. Dabei liess sich der niederländische Maler Stomer, der mit rund dreissig Jahren um 1630 in Rom nachweisbar ist, von einem damals als skandalös geltenden Gemälde seines grossen Vorbilds Caravaggio (1571 - 1610)? inspirieren. Caravaggio (eigentlich Michelangelo Merisi), der das chiaroscuro, also eine dramatische Hell-Dunkel-Führung von Licht und Schatten, und eine äusserst realitätsnahe Darstellung auch Heiliger in die Malerei eingeführt hatte, hinterliess insbesondere bei Malern aus den Niederlanden einen tiefen Eindruck. Auch Stomer war Teil dieses Kreises von 'Utrechter Caravaggisten' in Rom. Ursprünglich nur zur Ausbildung nach Italien gekommen, kehrte Stomer nie wieder in die Niederlanden zurück und liess sich nach Stationen in Neapel und Rom schliesslich in Norditalien nieder.
In Rom muss Stomer allerdings noch Caravaggios 'Der Evangelist Matthäus mit dem Engel' gesehen haben, ein Gemälde, das dieser 1602 als Auftragsarbeit für die Cappella Contarelli in San Luigi dei Francesi in Rom erstellt hatte, das jedoch abgelehnt worden war. Caravaggio hatte nämlich den Evangelisten mit übergeschlagenen Beinen und blossen Füssen dargestellt, was als nicht dessen Würde entsprechend kritisiert wurde. Der Caravaggio-Sammler Marchese Vincenzo Giustiniani (1564-1637) überzeugte die Kongregation allerdings davon den Maler ein weiteres Bild des Evangelisten malen zu lassen - eine ziemlich 'zahme' Version, die sich heute noch vor Ort befindet - und übernahm dafür die viel spannendere erste Version, die 1815 nach Berlin gelangte. Leider ist dieses Werk seit dem Kriegsjahr 1945 verschollen und nur als schwarz-weiss-Fotografie erhalten. Unser Gemälde, das Stomers ausserordentliche Fähigkeit zur psychologisch dichten Darstellung von Personen und seine überragenden malerischen Fertigkeiten unter Beweis stellt, ist eine würdige Fortführung dieses grossen Meisterwerks.
STOMER, MATTHIAS
(Amersfoort around 1600 - after 1650 Sicily)
The Evangelists Mark and Luke with their Attributes the Lion and the Ox.
Oil on canvas. 113 x 154 cm.
Provenance:
- Trafalgar Galleries, London, 1976.
- European Privat Collection.
Literature:
- Walsh, John: Stomer's Evangelists, in: Burlington Magazine, Juli 1976, p. 504-507, Ill. 84.
- Nicolson, Benedict: Stomer brought up to date, in: Burlington Magazine, April 1977, p. 238.
- Nicolson, Benedict: The International Caravaggesque Movement, Oxford 1979, p. 95.
- Nicolson, Benedict.: Caravaggism in Europe, 2. Ausgabe, 1990, Ill. Nr. 1512.
- Verdi. R.: Matthias Stom, Ausst. Kat. Birmingham 1999, pp. 48-50, Nr. 9, Ill. p. 49.
Exhibition:
- 'In the Light of Caravaggio', Trafalgar Galleries, London 1976, Nr. 13.
- 'Matthew Stomer', Barber Institute, Birmingham, Oktober 1999 - January 2000.
This painting is the key to the exciting discovery and felicitous reunion of a pair that were once torn apart by the ups and downs of history. In the year 1963 doctoral students at Columbia University in New York drew up an inventory of the University's art collection. A severely darkened and partly overpainted picture attracted the attention of John Walsh, future Director of the Getty Museum; however, it couldn't be assigned to any artist at first. Years later, Walsh mentioned the New York work to the British art historian Benedict Nicolson. This immediately reminded him of a painting that he happened to have just seen on the London market, namely our 'Evangelists Mark and Luke with their Attributes the Lion and the Ox.'
Our painting was brought to the USA and compared with the University's work. The two were identified as a pair of rare quality depicting the four evangelists by Matthias Stomer. A restoration by the Metropolitan Museum brought to light areas of the university's picture freed of their overpainting. It now shows the attributes of John, an eagle; and of Matthew, a tender, thoughtful angel looking over his shoulder (see Ill. 1).
The symbols, decisive for the identification of the evangelists,
go back to Old Testament sources, which are picked up again in the New Testament. In the Revelation of John it is said that four creatures stand around the throne of God: 'And the first beast was like a lion, and the second beast like a calf, and the third beast had a face as a man, and the fourth beast was like a flying eagle.' Since the 4th century these symbols were assigned to the four evangelists.
While Matthew and the young John hold an animated discussion in the Columbia University painting, Mark and Luke in our picture are shown in relaxed attitudes. Mark, his right forearm propped lightly on the lion, seems to gaze at us, the viewers, thoughtfully; his left arm clasps a large book in which - partly hidden by his hand - a Latin inscription is visible: 'PAX TIBI MARCE EVANGELISTA MEUS', which translates as: 'Peace be with you, Mark, my evangelist'.
This salutation is associated with the theft of the remains of St. Mark the Evangelist from Alexandria by two Venetian merchants in the year 828. The relics were transported to Venice, where the previous saint of the city was immediately replaced by the famous evangelist and a legend arose, according to which the evangelist had been greeted at the lagoon by an angel with these words - the perfect justification for the theft and legitimation of the new resting place. The greeting 'Pax tibi' is frequently found together with the evangelists, in Venice often only with the lion.
Luke, who with the ox in the background at right is absorbed in writing his Gospel, has swung his left leg over the other, his bare feet clearly visible. Here the Dutch painter Stomer, who can be documented at Rome in 1630 when he was about thirty years of age, drew inspiration from a painting by his great idol Caravaggio (1571-1610), then regarded as scandalous. Caravaggio (originally Michelangelo Merisi), who employed both chiaroscuro, the dramatic light-dark contrast of illumination and shadow, and also a highly realistic depiction of the saint in the painting, made a particularly deep impression on painters from the Netherlands. Stomer was also one of the circle of 'Utrecht Caravaggisti' in Rome. Originally he came only to study in Italy, but Stomer never returned to the Netherlands and eventually settled in Northern Italy after working in Naples and Rome.
In Rome Stomer must certainly have seen Caravaggio's 'The Evangelist Matthew with the Angel', a painting that he had produced in 1602 as a commission for the Cappella Contarelli in San Luigi dei Francesi in Rome, which had however been rejected. Caravaggio in fact represented the evangelist cross-legged and barefoot, a depiction criticized as unequal to his dignity. However, the Caravaggio collector Marchese Vincenzo Giustiniani (1564-1637) convinced the congregation to let the painter do another picture of the evangelist - a relatively 'tame' variant, which is still in situ - and acquired the more interesting first version, which came to Berlin in 1815. Unfortunately, this work has been missing since the war year of 1945 and is preserved only in black-and-white photographs. Our painting, which demonstrates Stomer's extraordinary capacity for psychologically complex depictions of individuals and his outstanding painterly skills, is a worthy continuation of this great masterpiece.